Vorweg: Es freut mich, dass die Idee der Artikelreihe offenbar einen Nerv getroffen hat. Im Zuge der Diskussionen kamen immer wieder bestimmte Fragen auf. Bevor ich mit der Artikelreihe fortfahre, möchte ich daher erst auf einige der häufiger gestellten Fragen eingehen.
Warum habe ich Ulisses und Pegasus nicht als Rollenspielverlage genannt?
Das ist vor allem dem Umstand geschuldet, dass beide Firmen durch die Erfolge in anderen Bereichen und ihre extrem erfolgreichen Rollenspiellizenzen deutlich finanzstärker sind als es für einen durchschnittlichen Rollenspielverlag üblich ist. Dadurch sind sie von den typischen Problemen eines Rollenspielverlags (alles hängt am Umsatz, siehe den ersten Artikel) schlicht nicht betroffen oder wenigstens nur in einem wesentlich geringeren Ausmaß.
Ohne genaue Zahlen zu kennen muss man sich nur die öffentlich einsehbaren Auszüge der Handelsregister ansehen (beide Firmen sind GmbHs). Prometheus Games, stellvertretend für andere Kleinverlage, ist im Vergleich zu Ulisses in etwa so wie ein Rollschuh zu einem Auto: Beides hat vier Räder und dient irgendwie der Fortbewegung…
Darüber hinaus sind beide Pegasus und Ulisses die erfolgreichsten Großhändler des Rollenspielmarktes und können zum Vertrieb der eigenen Produkte auf ein etabliertes Vertriebsnetz zurückgreifen, ohne dafür zusätzlich Geld aufzuwenden.
An diesem Punkt ist die Sache für Kleinverlage übrigens ein wenig komplizierter (im Nachhinein einfacher) geworden: Ulisses Spiele haben vor einigen Wochen beschlossen, dass nur noch die eigenen Rollenspiele und die ihrer exklusiven Partner lukrativ sind und haben alle anderen deutschen Kleinverlage (auch uns) kurzfristig aus ihrem Sortiment entfernt. Ohne Pegasus (für die Rollenspiele offenbar noch lukrativ genug sind) wäre das richtig interessant geworden für die deutsche Rollenspiellandschaft.
Warum produziert überhaupt jemand Rollenspielbücher wenn die Produktion unwirtschaftlich ist?
Darauf gibt es viele Antworten: Unkenntnis, Idealismus, die Hoffnung mit Folgeprodukten Geld zu verdienen oder weil es schlicht ein Hobby ist. Die einen lernen Segeln, die anderen drucken Bücher. Nicht alles was man macht muss wirtschaftlich sein. Bitte versteht mich nicht falsch: Rollenspiele können wirtschaftlich sein.
Nehmen wir uns mal ein Buch einer bereits etablierten Linie vor. Mein Rechenbeispiel aus dem vorherigen Artikel bezog sich auf die Neuentwicklung eines Rollenspielbuchs für eine noch nicht etablierte Linie. Produziert man ein Buch für eine bereits etablierte Linie, eventuell sogar nur eine überarbeitete Neuauflage eines vorhandenen Buches, dann sieht die Rechnung schon ganz anders aus.
Um den Unterschied zwischen der beispielhaft errechneten Neuentwicklung aus dem ersten Artikel und dem Quellenband einer sehr starken etablierten Linie zu verdeutlichen, machen wir mal eine Rechnung für ein 180 Seiten Hardcover auf. Das Buch soll A4-Format haben und in schwarz/weiß bzw. Graustufen gehalten sein. Angenommen ich lasse eine Auflage von 2000 Stück drucken, dann kommen in etwa folgende Kosten auf mich zu:
- ca. 20 neue Bilder s/w plus neues Farbcover. Layoutelemente und Logo sind vorhanden und der Rest wird mit alten Bildern aufgefüllt: ca. 1500 Euro
- Texte: ca. 2000 Euro
- Lektorat: ca. 500 Euro
- Satz: ca. 1000 Euro
- Druckkosten: ca. 4000 Euro (für 2000 Bücher!)
Die Gesamtkosten belaufen sich also auf ungefähr 9000 Euro. Schon mal rund 3000 Euro weniger, als es bei der Neuentwicklung aus unserem ersten Beispiel der Fall war. Dabei ist meine Auflage doppelt so hoch! Noch mal, ich zahle deutlich weniger und habe die doppelte Menge an Ware! Wenn es mir nun noch gelingt diese Ware innerhalb eines Jahres zu verkaufen (wie im theoretischen Beispiel des letzten Artikels), dann habe ich bei einem angenommenen Verkaufspreis von 30 Euro nach einem Jahr einen Umsatz von 60.000 Euro vor Abzug der Handelsmarge (die stark nach Vertriebsnetz variiert). Mit nur einem Buch! Wenn man sich dann die Amazonrankings mancher Produkte ansieht, mit Händlern über Verkaufs- und Vorbestellerzahlen spricht, das mit den Zahlen von Kleinverlagen vergleicht und hochrechnet, dann kommt man bei starken Linien auch auf deutlich größere Auflagenzahlen als 2000 Stück pro Jahr.
Habe ich dann noch ein eigenes Vertriebsnetz und verfüge über einen starken Endkundenshop…
Natürlich stimmen diese Zahlen nicht exakt aber es geht ja auch nur darum deutlich zu machen, warum man nicht alle Rollenspielverlage miteinander vergleichen kann und warum manche Linien lukrativer als andere sind. Ich hoffe, dass das nun ein wenig deutlicher ist.
Was sind denn die starken Linien?
Fragt einfach mal einen Händler. Ich kriege mehr oder weniger immer dieselbe Antwort: DSA und Ableger, Shadowrun, Pathfinder/D&D (selbst die vierte Edition). Danach kommt dann lange nichts. Tatsächlich kommt schon nach DSA lange nichts. Wenn jetzt jemand sagt: Hey, das ist ja alles Fantasy. Jepp, das ist es, auch wenn Shadowrun sich tarnt.
Meiner persönlichen Einschätzung nach sind im Kleinverlagsbereich (die Reihenfolge ist zufällig gewählt) Midgard, Rolemaster, Dungeonslayers, Sundered Skies und Hellfrost die erfolgreichsten Settings und ja, auch das ist alles Fantasy. Für Prometheus Games kann ich das sogar anhand der Zahlen belegen.
Warum greifen deutsche Verlage nicht häufiger auf „Print on Demand“ zurück?
Früher war die Qualität der Hemmschuh. Heute ist die Qualität von PoD-Produkten in der Regel ausgezeichnet oder zumindest so gut, dass der Laie keinen Unterschied erkennt. Meiner Meinung nach, ist der Knackpunkt die Marktdurchdringung und damit schlussendlich auch wieder der Umsatz. Der Großteil der deutschsprachigen Rollenspieler ist nicht online in Sachen Pen&Paper unterwegs und informiert sich demzufolge auch nicht online. Von den rund 20 Rollenspielern unserer Ladencommunity haben sich vielleicht 5 Leute online informiert. Und das war 2010. Zumindest in persönlichen Gesprächen mit anderen Händlern habe ich ähnliche Zahlen gehört.
Die einzigen Möglichkeiten PoD-Produkte zu bewerben sind jedoch online oder auf Messen/Cons. Ladengeschäfte fallen weg, da die Stückkosten in der PoD-Produktion zu hoch sind um noch einen Händler einzubinden. Außerdem macht es für einen Händler wenig Sinn ein Produkt in seinem Laden zu bewerben, das er entweder nicht bekommt oder an dem er keinen oder nur sehr wenig Gewinn macht. Schlussendlich beschränke ich mit PoD meinen potentiellen Kundenkreis auf Personen die online aktiv sind und/oder mich bereits kennen oder auf Messen/Cons kennenlernen. Das ist schlicht zu wenig, um wirtschaftliche Stückzahlen zu erreichen.
Print on Demand lohnt sich meiner Meinung nach nur in folgenden Fällen:
a) Ich weiß von vornherein, dass ich nur wenige Exemplare verkaufen werde und die Stückkosten sind mir weitgehend egal. Das ist beispielsweise bei einer Sonderedition für Mitarbeiter der Fall.
b) Das Produkt gehört zu einer etablierten Linie und die Fans bestellen ohnehin in ausreichender Menge direkt bei mir.
c) Ich reduziere alle anderen Kosten soweit, dass der höhere Druckpreis ausgeglichen wird. Wenn alle kostenlos schreiben, zeichnen, layouten etc. kann ich natürlich beim Druckpreis mit höheren Stückkosten kalkulieren.
Soweit zu den Fragen die mich bislang erreicht haben. Nicht behandelt habe ich nun die eher persönlichen Fragen nach den Auswirkungen der Selbständigkeit auf mich persönlich und den Umgang meiner Familie damit. Um ehrlich zu sein, ist mir das wahrscheinlich auch zu persönlich und wer mehr dazu wissen will, muss sich schon zu einer Con bewegen und mich mit Kaffee oder einem guten Bier bestechen.
Im nächsten Artikel, das hier war ja nur ein Update, widmen wir uns dann der Frage nach dem Vertrieb.
Das Beitragsbild ist übrigens von D. Braun / pixelio.de Vielen Dank für die Nutzungserlaubnis!
Erneut spannender Beitrag. Im DORP-Podcast wurden die Druckkosten mal auf ca. ein Viertel der Kosten beziffert, da ist Dein Beispiel ja etwas drüber, trotzdem erstaunlich, wie günstig das bei höheren Auflagen wird …
Spielt es dabei eigentlich eine Rolle (im Sinne von Preisverfall), dass viele Verläge in den östlichen Nachbarländern drucken lassen (ohne jetzt zu wissen, wo ihr drucken lasst)?
Hallo Ingo, ja, die Druckkosten sind im Ausland deutlich niedriger. Man kann auch in Deutschland recht günstig drucken lassen aber ich kenne keine Druckerei die dauerhaft mit östlichen Anbietern mithalten kann. Wir reden dabei auch nicht von 10% Preisunterschied. Wir haben damals für die erste große Druckauflage von Elyrion (die 1.5er Fassung) fast das Doppelte bezahlt, von dem was wir heute bezahlen. Und das war damals nicht das teuerste Angebot.
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Das war wieder sehr interessant. Aber einer Aussage kann ich nicht zustimmen:
“Der Großteil der deutschsprachigen Rollenspieler ist nicht online in Sachen Pen&Paper unterwegs und informiert sich demzufolge auch nicht online. Von den rund 20 Rollenspielern unserer Ladencommunity haben sich vielleicht 5 Leute online informiert. Und das war 2010. Zumindest in persönlichen Gesprächen mit anderen Händlern habe ich ähnliche Zahlen gehört.”
Möglicherweise erlebst Du das so bei den Ladenkunden. Aber fragst Du auch jeden, ob er sich online informiert hat?. Ich spiele in mehreren Gruppen Rollenspiel und erlebe es ganz anders. Nach meinen Erfahrungen sind es etwa 3/4 die sich intensiv online über Rollenspiele informieren. Die anderen, die “nur” mitspielen gibt es auch. Aber die gehen nach meiner Erfahrung auch nicht in einen Laden um dort etwas zu kaufen. Die haben ihre Würfel, bekommen den Charakterbogen vom Spielleiter, lassen sich von dem auch die Regeln erklären und spielen gerne mit.
Hallo Mike, ja, das ist natürlich nur meine persönliche Ansicht ohne Anspruch auf Allgemeingültigkeit. Das kann bei dir natürlich ganz anders aussehen.
So etwas ist natürlich auch beeinflusst über die Art der Gruppenfindung (also sucht man seine Gruppe online, ist es wahrscheinlicher, dass auch Online-Intensiv-RPG’ler dabei sind). Von dem, was man so bei unserem Rollenspieltreff so mitkriegt, würde ich den Eindruck durchaus teilen.
@Druckkosten: Danke für die Ausführungen!
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